Hallo liebe Freunde!

Wiedermal gibt es Neues aus Peru. Ich hatte auch überlegt, dieser Mail den Betreff zu geben „Komm nach Peru, da erlebst Du was!“ Aber ich wollte auch nicht sarkastisch werden.

Ja, ich hatte einen schweren Unfall. Schwer, weil der Unfall selbst keine Kleinigkeit war. Glücklicherweise leben wir alle und sind nur geringfügig verletzt.
Wir (also ich und Alberto mit seiner Frau Elisabeth und ihrer Tochter Seffora) waren mit dem Auto der Mission in Chimay gewesen, einem Ort 2 Stunden von San Ramon enfernt. Gefahren bin ich, da Alberto und Elli keinen Führerschein haben für Auto. Es war spät als wir in der Nacht von Donnerstag auf Freitag zurückfuhren, und es regnete. Ich wusste da schon, dass das eine wirklich schlechte Kombination ist: Dunkelheit, Regen, schlechte Straße. Aber in der Woche vorher ging ja auch alles gut. Doch nach etwa einer Stunde Fahrt passierte es. Ich kann nicht mehr sagen, warum. Ob es meine Schuld war, ob ich kurz nicht aufgepasst hab, oder was es war. Doch plötzlich war ich zu weit rechts am Straßenrand. Ich wollte noch gegensteuern, doch es war zu spät. Wir kamen von der Straße ab, und weil der Abhang steil war, überschlugen wir uns sofort. Ich weiß nicht wie oft wir uns überschlugen, aber bis zum Fluss sind es etwa 40 Meter, also waren es einige Male.
Dann kamen wir im Fluss zum Stillstand. Alberto rief nach Elisabeth ob alles ok ist, Elli weinte, Seffora natürlich auch. Die Türen klemmten, aber wir konnten durch die zerstörten Fenster entkommen. Albertos Fuß tat weh und Elisabeth hatte Schmerzen in der Brust. Ich hatte als einziger den Eindruck, dass alles ok ist. Aber zumindest konnten wir schon da sehen, dass wir bewahrt wurden, da niemand ohnmächtig war oder Beinbruch oder ne schwere Kopfverletzung hatte. Weil ich mich nun am fittesten fühlte machte ich mich auf den Weg nach oben zur Straße um Hilfe zu holen. In völliger Dunkelheit und orientierungslos. Nur wissend, dass es weiter nach oben gehen muss. Vielleicht auf halbem Weg kam ich nicht mehr weiter. Es war zu steil, die Pflanzen waren nicht stabil genug, um mich an ihnen festzuhalten und ich hatte kaum festen Stand. Und dort in völliger Dunkelheit war ich schon kurz vor der Panik und ich hab nur verzweifelt zu Gott gebetet, dass er uns hier bitte rausholt. Aber meine Sorge um Alberto und seine Familie hat mich nicht aufgeben lassen. Nach kurzem Atemschöpfen hab ich dann ein bisschen meine Position nach links verlagert und fand dort wieder Möglichkeit weiter nach oben zu klettern. Und schließlich kam ich an der Straße an. Die erste Etappe war geschafft.
Aber jetzt in welche Richtung? Ich konnte mich nicht mehr erinnern wann wir das letzte Dorf passiert hatten, oder wann wir zum nächsten gekommen wären. Ich bat Gott um die richtige Entscheidung und ging Richtung San Ramon. Und tatsächlich kam ich nach 500 Metern an ein Haus, das beleuchtet war. Erhörtes Gebet. Ein Hund bellte mich an und ich rief um Hilfe. Obwohl sie Angst hatten, dass ich sie überfallen will (erzählten sie uns später), öffneten sie mir und der Mann, Señor Huancaya, kam mit einer Lampe mit mir mit. Die Absturzstelle hatte ich vorher noch mit meiner Jacke auf dem Weg markiert, sonst hätten wir es in der Dunkelheit wahrscheinlich nicht wiedergefunden. Señor Huancaya stieg den Abhang hinunter und holte Albero, Elisabeth und Sefora herauf. Ich hab nur die ganze Zeit gebetet, dass dabei nun alles gut geht. Ich war nur froh als wir dann zu fünft, Seffora auf meinem Arm, zu dem Haus von Señor Huancaya liefen. Er hat weder Strom noch Telefon, aber er lieh uns trockene Kleider und wir konnten bei ihm auf durchfahrende Autos warten. Zwei Stunden später kam ein Laster, der uns mitnahm. Elisabeth konnte mit Seffora noch in der Fahrerkabine sitzen, Alberto und ich hinten auf der Tragfläche. Und nach weiteren 1-2 Stunden kamen wir in San Ramon an, wo wir medizinische Hilfe fanden.

Was soll ich sagen? Wie fühl ich mich jetzt? Ich frag mich natürlich, warum oder wozu das alles geschehen ist.
Ich seh klar Gottes Bewahrung in all dem:
Beim Absturz hätten wir schwerstverletzt werden können.
Im Fluss hätten wir auf dem Dach aufkommen können, dann wären wir nicht so leicht oder gar nicht aus dem Auto gekommen.
Ich konnte hoch zur Straße, konnte die richtige Entscheidung treffen, wo ich Hilfe finde.
Und wir sind alle bis auf unbedeutende Verletzungen unversehrt.
Noch dazu wird die Autoversicherung wohl alle Arztkosten übernehmen.

Trotzdem frag ich mich, warum überhaupt? Ich frag mich, ob ich einfach schlecht Auto fahr und Gott nur meine Unfähigkeit ausgebügelt hat, oder ob Gott noch darüber hinaus was bezwecken will.
Bin dankbar für Eure Gebete.

So ein Unfall ist natürlich schon schlimm, wenn man ihn allein hat. Aber wenn dann noch eine Familie mit drin sitzt, dann ist das noch mal furchtbarer. Was mich getröstet hat war Seffora, da sie schnell wieder gut drauf war, und als sie mich gestern im Hospital angelächelt hat, hätte ich fast losgeheult.
War gestern den ganzen Tag besorgt um Elli, weil sie ja Schmerzen in der Brust und Atemschwierigkeiten hatte. Doch Röntgen und Ultraschall hat nichts ergeben, und so bin ich jetzt langsam wieder guten Mutes.
Aber bitte betet, dass wir uns schnell wieder völlig erholen und wir nicht entmutigt werden für unsere Arbeit.

Hab jetzt auch Festnetz-Telefon. Wer möchte, kann mich nun schon anrufen in meiner Wohnung. Eine kurze Mail und ich schick Euch die Nummer zu.
Fühlt euch nicht verpflichtet, wegen dem Unfall unbedingt anrufen zu müssen, aber ich werd mich natürlich über jeden Anruf freuen. Bin auch nicht immer da, aber versucht es einfach, wenn ihr wollt.
Seid lieb gegrüßt von
Wolfgang