Am 30. Mai 2017, in den frühen Morgenstunden, starb mein Vater im Krankenhaus Rothenburg ob der Tauber.
Das ist jetzt 10 Tage her und ich hatte nicht wirklich Zeit mich damit auseinanderzusetzen. Hab ich mir das einfach nicht erlaubt? All das was man halt so zu tun hat, war das nur, um mich davon abzulenken, dass ich nun keinen Vater mehr habe?
Am Samstag, dem 27. Mai holte meine Mutter den Arzt, weil mein Vater schon zwei Tage lang kaum essen und trinken konnte. So konnte es nicht weitergehn und so musste der Arzt kommen. Er empfahl sofort, dass er ins Krankenhaus muss. Flüssigkeitszufuhr und abchecken, ob eine Krankheit vorliegt. Meine Mutter informierte mich am Abend, dass mein Vater nun im Krankenhaus sei. Als sie mir sagte, dass er nicht mehr aß und trank wurde ich erinnert an Heikes Tante. In deren letzten Tagen war es ein Zeichen, dass es zu Ende geht, als sie nichts mehr zu sich nahm. Darum überlegte ich sofort, ob ich nicht am Montag, meinem freien Tag, zu ihm fahren soll.
Am Montag, dem Geburtstag von meinem Bruder Martin und meiner Patentochter Jenny, fuhr ich in meine Heimat. Ich fuhr zuerst ins Krankenhaus und besuchtemeinen Vater. Er wirkte schwach und sehr müde. Er ist seit vielen Jahren selbst mit Hörgeräten sehr schwerhörig. Da im Krankenhaus hatte er auch die Hörgeräte nicht drin. Würde er mich hören? Ich versuchte laut und mit kurzen Sätzen nah an seinem Ohr zu sprechen. Er schien sprechen zu wollen, hatte aber kaum Kraft dazu. Ich wusste nicht, ob er mich erkannte. Ich gab ihm einen Schluck Wasser und er musste stark husten. Nach etwa einer Stunde fuhr ich zu meiner Familie nach Geslau.
Abends gegen 18.30 Uhr fuhr ich nochmal ins Krankenhaus. Diesmal mit meiner Mutter. Sie wusste auf welchem Ohr er noch besser hört. Auch war er in gewisser Weise „programmiert“ auf ihre Stimme. Er konnte sich hier und da ein bisschen äußern. Er äußerte dass er mitbekommen hat, dass ich da bin. Das hat mich sehr froh gemacht. Trotzdem war er sehr schwach und noch mehr als bei meinem ersten Besuch wurde deutlich, dass er Sachen sagen will, ihm aber die Kraft fehlt. Er umarmte nochmal meine Mutter so gut er es konnte. Als wir ihm sagten, dass wir nun wieder nach Hause müssen (Mama nach Geslau, ich nach Gießen), da winkte er uns hinterher. Mama sagte später, das hätte er bei vorherigen Besuchen nicht getan.
Ich verließ das Krankenzimmer mit dem Gedanken, ob dies das letzte Mal war, dass meine Mutter ihren Ehemann lebend sah.
Am nächsten Morgen erhielt ich in Gießen den Anruf, dass mein Vater gestorben war.